In helfenden Berufen steht oft eine Frage im Raum, die zu selten gestellt wird: Wer hilft eigentlich den Helfern? Als Therapeutin habe ich über die Jahre gelernt, dass Selbstfürsorge keine optionale Ergänzung ist, sondern eine absolute Notwendigkeit für unsere Arbeit. Angesichts der begrenzten Unterstützungsangebote im Bereich Selbstfürsorge und Burnout-Prävention für Therapeuten habe ich beschlossen, meine Erfahrungen zu teilen und ein eigenes Unterstützungsangebot zu entwickeln.
Hier gehts zu meinem Selbstfürsorge Einschätzungfragebogen:
Die Motivation hinter der therapeutischen Arbeit
Menschen, die sich für einen helfenden Beruf entscheiden, tun dies selten aus finanziellen Beweggründen. Was uns antreibt, ist meist eine ausgeprägte emotionale Kompetenz und eine natürliche Begabung für Empathie. Dies bedeutet jedoch nicht, dass wir uns selbst aufopfern müssen – wir müssen keine moderne Version von Mutter Teresa sein.
Die emotionale Herausforderung der therapeutischen Arbeit
Eine der größten Herausforderungen in unserem Beruf liegt im komplexen Umgang mit Empathie. Es geht darum, sich einzufühlen und mitzufühlen, ohne dabei selbst zu leiden. Ich stelle mir dies wie eine Kellerstiege vor: Als Therapeuten müssen wir bereit sein, mit unseren Klienten je nach Situation in deren emotionale "Kellergeschosse" hinabzusteigen. Wenn sich ein Klient dort befindet, nützt es nichts, wenn wir partout oben stehen bleiben, weil wir denken, „der zieht uns da mitrunter“. Ein solcher Widerstand würde nur zu einem energiezehrenden emotionalen Kampf führen. Und das sehe ich auch, wenn wir beispielsweise vorrangig am Körper arbeiten. Wir wissen doch, es hängt alles zusammen, Körper und Emotionen. Und wenn wir als Therapeutin z.B. mit Schlaganfall Klienten arbeiten und der Klient als Begleitsymptom eine Depression hat, hilft es uns nichts, uns dagegen zu wehren. Natürlich können wir ein Stück weit selbst beeinflusse in welchen Bereichen wir arbeiten, aber wir werden wahrscheinlich immer mal wieder mit Menschen zu tun haben, die uns besonders Energie kosten. Und sei es, es sind die Angehörigen.
Unsere Aufgabe ist es, den Klienten dort abzuholen, wo er steht, und ihn auf seinem Weg zu begleiten. Gleichzeitig – und das ist entscheidend – müssen wir am Ende der Therapiestunde selbst wieder "nach oben" die Treppe rauf gehen können. Diese Balance erfordert Achtsamkeit und eine Haltung des Mitgefühls uns selbst gegenüber. Wenn wir jedes Mal selbst im „Keller bleiben“, auch wenn der Klient die Tür rausgeht, dann wird uns das langfristig erschöpfen.
Die Individualität der therapeutischen Belastung
Als Therapeuten sind wir Menschen, keine Maschinen. Es ist völlig normal und legitim, dass uns manche Klienten mehr Energie kosten als andere. Diese Erfahrung ist höchst individuell und kann sogar tagesabhängig variieren. Was für mich anstrengend sein mag, kann für eine Kollegin völlig unproblematisch sein. Diese Individualität anzuerkennen und sich selbst mit Güte zu begegnen – das ist gelebte Selbstfürsorge.
Der Weg des Gleichmuts
Ein hilfreiches Konzept in diesem Zusammenhang ist der Gleichmut, wie er von Kristin Neff und Chris Germer im Rahmen des "Mindful Self Compassion" (MSC) beschrieben wird. Gleichmut unterscheidet sich fundamental von Gleichgültigkeit. Er bedeutet vielmehr, anzuerkennen: "Ich möchte von Herzen helfen, und mein größter Wunsch ist es, das Leid meines Gegenübers zu lindern. Aber ich bin nicht allein dafür verantwortlich." Diese Haltung hilft uns, mit der inneren Ambivalenz zwischen Helfen-Wollen und den Grenzen unserer Möglichkeiten umzugehen.
Warnsignale erkennen
Typische Anzeichen von Überlastung im therapeutischen Kontext sind:
Die positiven Auswirkungen gelungener Selbstfürsorge
Konsequente Selbstfürsorge führt zu:
Fazit: Selbstfürsorge als Weg zur Selbstwirksamkeit
Auch wenn wir nicht alle äußeren Umstände kontrollieren können, liegt die Selbstfürsorge stets in unserer Hand. Dieser Aspekt der Selbsthilfe vermittelt uns ein Gefühl von Selbstwirksamkeit und Kontrolle über unser Leben. Manchmal mag ein Jobwechsel oder eine andere größere Veränderung nötig sein, doch die tägliche Praxis der Selbstfürsorge bleibt unsere verlässliche Basis.
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Schau auf dich, liebe Grüße, Christina