Je nach Schlaganfall kommt es zu einer Halbseitenlähmung oder auch anderen Symptomen. Oftmals sind Arm und Bein gleichermaßen betroffen, manchmal aber auch vermehrt das Bein oder der Arm/Hand. Manche haben auch eine Feinmotorikstörung oder Gedächtnis – und Wahrnehmungsschwierigkeiten.
Es ist also sehr unterschiedlich wie ausgeprägt die Symptome sind, je nach dem welches Areal im Gehirn betroffen ist.
Beim „Erlernten Nichtgebrauch“ meint man allerdings, dass die hemiparetische Hand (die gelähmte) aufgrund des Schlaganfalls vernachlässigt wird und nicht mehr beachtet wird. Gründe können dafür kognitive sein oder auch psychische.
Manche empfinden es auch als so, dass die gelähmte Hand nicht mehr zu ihnen gehöre.
In diesem Fall kompensieren viele Patienten und setzen nur mehr die gesunde Hand ein. Es gibt Studien, dass dadurch die betroffene und gelähmte Hand immer schlechter wird und sich auch das Areal im Gehirn - das motorisch für diese Hand zuständig ist, zurückbildet.
Deswegen ist es so wichtig, dass die Hand trotz Lähmung im Alltag eingesetzt wird, auch wenn das Greifen und Hantieren schwieriger ist, oder wenn die Hand weniger gespürt wird. Aber das Gehirn kann sich wieder erholen und neue Zellen bilden (Neuroplastizität), die nötig sind, dass die (Senso) Motorik nach und nach wieder zurückkommt. Und dazu ist es notwendig, so viel wie nur möglich die betroffene Hand einzusetzen. Denn nur durch Wiederholung (auch wenn es noch so schwierig ist) stellt sich sogenanntes Motorische Lernen ein, was so viel bedeutet wie, dass die Funktion wieder erlernt werden kann. Aber durch das Vermeiden werden die Symptome definitiv schlechter werden!
In der Ergotherapie kommen verschiedenste Therapiemaßnahmen zum Einsatz, die dem entgegenwirken. Angefangen von kognitiven Strategien, Verhaltensschulung, Training von Sensibilität, Kraft, Koordination und vielem mehr.
Innovative Therapiemethoden sind hierbei auch Spiegeltherapie mit Mentaltraining und der Forced Use Ansatz (hierbei wird nach genauen Regeln die gesunde Hand einbandagiert oder weggebunden, damit die betroffene Hand zum Einsatz gezwungen wird). Dieser Ansatz ist aber nur bei bestimmten Voraussetzungen möglich.
Auch das Anleiten von Heimübungen, sowie das Anleiten von Angehörigen und 24 h Pflege ist Teilgebiet der Therapie. Denn der Klient sollte so gut es geht selbstständig oder Teilschritte von Handlungen übernehmen, damit es zur Verbesserung kommt.
Je mehr der Klient übt und desto besser das Umfeld aufgeklärt ist und so wenig wie nötig alles übernimmt, desto besser. Denn es ist Ziel, dass der Klient weitgehend selbstständig wieder handeln kann.
Und wenn es nur ist, dass er sich selber seinen Pullover anziehen kann. Es ist immer Ziel, dass die vorhandenen Fähigkeiten eingesetzt werden und dass der Klient dort Unterstützung bekommt, wo er sie wirklich benötigt.
Der Klient sollte auch so weit es geht, viel aus dem Bett mobilisiert werden, statt auf dem Rollstuhl auf einem normalen Sessel sitzen (wenn schon möglich) uvm.
Die richtige Lagerung und Handling der Hand sind ebenfalls nicht wegzudenkende Maßnahmen, da sie für den Verlauf und Fortschritt der Therapie maßgeblich sind. Falsche Lagerung und ähnliches können zu Beeinträchtigungen und Kontrakturen des Gelenks führen. Die Hand wird dann eventuell immer mehr vernachlässigt und ein erlernter Nichtgebrauch begünstigt wird.
Warum das Umfeld, als auch die Umwelt für die Fortschritte in der Therapie maßgeblich sind
Der Hauptklient in der Therapie ist der Betroffene selbst. Zu den Nebenklienten zählen die nächsten Angehörigen (Partner, Tochter, Sohn etc.)
Im Moment behandle ich gerade einen Schlaganfall Klienten, zuhause im häuslichen Umfeld. Dieser ist mein erster Klient wo das Umfeld (Tochter, 24 h Pflege) nonstop in der Therapie dabei sind. Er ist mein erstes Paradebeispiel, wo die Angehörigenberatung und die aktive Mitarbeit dieser, als auch des Klienten optimal sind.
Natürlich ist dies nicht immer möglich, gerade wenn der Klient alleine lebt, das ist mir schon bewusst. Aber in so einem Fall, könnte man zum Beispiel erarbeiten und besprechen, ob es denn nicht jemanden gibt, der wenigstens einmal in der Woche zusätzlich zur Therapie mit ihm übt.
Die Fortschritte bei diesem Klienten wo es so optimal funktioniert, sind auch die Therapiefortschritte extrem positiv. Ebenso die Stimmung und die Motivation des Klienten.
Daher liebe ich meine Arbeit als Ergotherapeutin, weil es mir wieder mal zeigt, wie ganzheitlich orientiert wir arbeiten und immer das Umfeld, als auch die Umwelt (Anpassung, kleine Veränderungen, Sitzplatz, etc.) mit in die Therapie miteinbeziehen. Wir arbeiten so sorgfältig und haben so einen wachen Blick, auch für die kleinsten Details. Wir analysieren ständig... manchmal ganz schön anstrengend ;).
Das nächste ist, der Klient übt fast täglich. Die Angehörigen nehmen sich die Zeit, besorgen notwendige Materialien und filmen mich sogar bei der Therapie, weil sie alles aufsaugen wollen, was sie dann selber machen können.
Ich erkläre ganz viel und mache Psychoedukation und weise darauf hin, warum, was gut ist, wieso dieses oder jenes nicht.
Der Klient weiß, warum er selber üben muss und es ganz wichtig ist, mitzumachen. Er hat selber den Ansporn und wird dadurch in die Eigenverantwortung gebracht. Wir konzentrieren uns auf die Fortschritte und ich weise immer wieder darauf hin, was sich schon verbessert hat.
Ich erkläre den Angehörigen/24 h Pflege, warum man nicht zu viel übernehmen sollte, sondern lediglich leicht unterstützen soll, je nach dem was nötig ist. Der Spruch „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“ fällt mir an dieser Stelle wieder ein, wenn es um das Thema Hilfestellung geht. Gerade bei den 24 h Pflegern ist eine Aufklärung, warum es so gut ist, den Klient so viel wie möglich selber machen zu lassen, sehr bedeutsam. Sie meinen es überhaupt nicht böse, wenn sie so flink sind und alles machen wollen. Aber, für den Fortschritt in der Therapie kann das hinderlich sein. Und darauf hinzuweisen ist manchmal mühsam, aber es lohnt sich für alle Beteiligten enorm.
Umfeldberatung, als auch die Umweltanpassung ist neben der Therapie mit dem Klienten selbst, eine nicht wegzudenkende ergotherapeutische Intervention und sollte nicht vergessen werden. Zumindest für mich ist jetzt nochmal mehr klar, wie wichtig die Zusammenarbeit und die Beratung zuhause sind.